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Versenkt die Bismarck - Interview mit Lt. Cdr. 'Jock' Moffat
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Im Mai 1941, auf den wütenden Wellen des Atlantik, fand eine dramatische Jagd statt, als Kriegsschiffe der Royal Navy das kolossale, 50.000-Tonnen schwere Schlachtschiff Bismarck verfolgten. Mark Barber spricht mit John ‘Jock’ Moffat, dem Swordfish-Pilot, dem der verheerende Torpedotreffer gegen das legendäre deutsche Kriegsschiff gutgeschrieben wurde.

Am 24. Mai 1941 versank die Bismarck den Schlachtkreuer HMS Hood in der Straße von Dänemark, zwischen Grönland und Island. Dies veranlasste den britischen Premierminister Winston Churchill zum Erlass seines berühmten Befehls an die Royal Navy: “Versenkt die Bismark”. Das britische Schlachtschiff HMS Prince of Wales und die Kreuzer HMS Norfolk und HMS Suffolk begannen damit, die Bismarck auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Als die Bismarck ein Ausweichmanöver über den Süden versuchte, wurde sie von Torpedobombern vom Typ Swordfish, die von der HMS Victorious gestartet waren, angegriffen. Das 825. Navail Air Squadron unter dem Kommando von Lt. Cdr. Eugene Esmonde konnte einen Treffer landen, der dem mächtigen Kriegsschiff allerdings wenig anhaben konnte und der Bismarck gelang es, nach dem Abziehen der Swordfish ungesehen zu verschwinden.

Inzwischen, an Bord des Trägers HMS Ark Royal, machte sich das 818. Naval Air Squadron bereit, der Jagd beizuwohnen. Einer der Piloten des 818. NAS war der 21 jährige Sub Lieutenant John ‘Jock’ Moffat. “Wir waren gerade erst von einem Konvoi in Richtung Malta zurückgekommen”, errinnert sich Moffat. “Wir waren auf dem Weg nach Hause, als wir von dem Schicksal der Hood erfuhren. Unser neuer Auftrag war die Suche nach der Bismarck."

Nachdem Vizeadmiral Somervilles ‘Force H’-Einsatzgruppe, darunter die Ark Royal, von Gibraltar in Richtung Atlantik aufgebrochen war, wurde mit der Aussendung von einzelnen Aufklärungsflugzeugen begonnen. Jeder Swordfish bekam ein bestimmtes Aufklärungsmuster zugeteilt, das bis zu drei Stunden Flugzeit bedeuten konnte. Das schlechter werdende Wetter ließ die Suche jedoch mit jedem Moment verzweifelter werden.


Die Suche ging für etwa zwei Tage weiter, bis um etwa 10:30 Uhr am 26. Mai eine Catalina des Küstenkommandos der Royal Airforce die Bismarck in einem Gebiet entdeckte, das zwischen den Suchmustern der Swordfish der Victorious und Ark Royal lag.

“Nachdem wir die Position erfahren hatten”, fährt Moffat fort, “übernahmen die Luftverbände der Flotte die Verfolgung der Bismarck von der RAF, was sich über den ganzen Tag hinzog. Der Wind begann zu peitschen, das kann ich dir aber sagen! Als ich am 26. abhob, bewegte sich das Schiff mit einem Höhenunterschied von 60 Fuß über die Wellen! Wir fragten uns, ob wir es überhaupt lebend zurück schaffen würden.”

Der britische Kreuzer HMS Sheffield war eines der wenigen Kriegsschiffe im Sektor, das mit Radar ausgestattet war und hatte deshalb die Aufgabe, die Bismarck zu beobachten. Das 818. NAS wurde in Alarmbereitschaft versetzt und erhielt Befehl zum Angriff auf die Bismarck.  Den Mannschaften der Swordfish wurde mitgeteilt, dass das einzige Schlachtschiff im Sektor die feindliche Bismarck sein würde, also hoben fünfzehn Swordfish mit klarem Ziel ab. Unter der dicken Wolkendecke und auf den schweren Wellen des Atlantiks machten die Swordfish ein Kriegsschiff aus und es wurde mit dem Angriff begonnen. Erst nachdem bereits mehrere Torpedos abgeworfen worden waren, bemerkte die am nächsten zum Schiff fliegende Swordfish die bekannten Umrisse der HMS Sheffield. Der Angriff wurde unverzüglich abgebrochen und die Swordfish zogen sich zur Ark Royal zurück. Zum Glück für die Briten entkam die Sheffield dank ihrer effektiven Ausweichmanöver und der Tatasche, das die meisten Torpedos in den schweren Wellen frühzeitig wegen Versagens der Magnetzünder explodierten, jeglichem Schaden.

Während sich die Mannschaften der Swordfish in der Nachbesprechung befanden, erhielt Vizeadmiral Somerville ein Signal von Admiral Tovey an Bord des Schlachtschiffs HMS King George V, Teil der ‘Home Fleet’-Einsatzgruppe im Norden. Somerville befahl den Versuch, einen weiteren Angriff zu unternehmen. Da sich die Magnetzünder der Torpedos im schweren Wellengang als unzuverlässig herausgestellt hatten, wurden die Swordfish des 818. NAS jetzt mit Torpedos mit Aufschlagzünder ausgestattet.

“Es vom Deck zu schaffen war eine Sache”, beschreibt Moffat seinen nächsten Ausflug. “Aber mit fünfzehn Swordfish bei schrecklichem Wetter unter einer Wolkendecke von 600 Fuß in Formation zu gehen war eine ganz andere Geschichte. Sofort machten wir uns zur HMS Sheffield auf, die uns Entfernung und Richtung zum Anflug auf die Bismarck angab.”

Der Angriff wurde vom kommandierenden Offizier des 818. NAS, Lieutenant Commander TP Coode, geleitet. Er flog an erster Stelle der ersten Rotte aus drei Swordfish, mit Moffat als Flügelmann. “Der Kommandant hatte uns angewiesen, durch die Wolkendecke zu steigen”, fährt Moffat fort. “Die Wolken waren wirklich schrecklich. Erst auf 6000 Fuß durchbrachen wir die Decke. Wir drei in der ersten Rotte waren noch immer beisammen, bei den anderen waren wir uns aber nicht mehr sicher.  Wir flogen für etwa fünf oder sechs Minuten weiter, bis auf einmal die Hölle losbrach! Da machte jemand keine halben Sachen!”

Über eine Meile unter den Swordfish konnten die Deckmannschaften der Bismarck trotz brechender Wellen und schlechter Sicht das monotone Dröhnen der fünfzehn Bristol Pegasus-Motoren kaum überhören. Die Mannschaften der 2,0-cm und 3,7-cm Fliegerabwehrkanonen eröffneten in gewaltigen Feuerstößen das Feuer und schossen dabei fast blind Grante um Granate in die dunklen Wolken am Himmel.

“Wir wussten, das wir nah dran waren”, sagt Moffat. “Aber wir waren noch immer über den Wolken und hatten keine Sicht auf die Wasseroberfläche. Hinzu kam, dass wir bei den Temperaturen langsam damit begannen, Eis anzusetzen. Die alte Kiste drängte sich durch die Luft so gut sie konnte. Der Kommandant gab uns den Befehl, achtern in einer Linie zu formieren und dann durch die Wolken zu stürzen. Da fing ich wirklich an, aufgeregt zu werden! Wir waren in einer dichten Wolkendecke, begannen Eis anzusetzen und stürzten blind in Richtung Meer - und das alles unter Feindbeschuss!”

In ihren altehrwürdigen Doppeldeckern setzten die Mannschaften des 818. NAS ihren Sturzflug in Richtung Meeresoberfläche von den Winden durchgeschüttelt, blind und nur mit Hilfe der Bordinstrumente fort. Sie konnten nichts weiter tun, als den Beschuss durch die feindliche Flak zu ignorieren, bis sie unter starkem Zittern der Maschinen die Wolkendecke mit Höchstgeschwindigkeit durchbrachen.

“Das muss ich der Swordfish lassen!”, errinnert sich Moffat mit ehrlicher Zuneigung. “Ich habe es geschafft, rechtzeitig den Sturzflug abzubrechen - auf fünfzig Fuß Höhe!”

Moffat schaute sich um und stellte mit Entsetzen fest, dass nicht nur seine Rotte vom Rest des Geschwaders getrennt war, sondern sein Flugzeug nun gänzlich alleine war.

“Ich habe beim Sturzflug die anderen beiden Swordfish verloren, aber zu meiner Rechten befand sich ein gewaltiges Schiff, dass seine Hauptkanonen abfeuerte.”

Von Moffat ungeahnt, griff das 818. NAS  in kleinen Zahlen nun von allen Richtungen aus die Bismarck an. Im Chaos und der Verwirrung durch das schreckliche Wetter und den dunklen Himmel bildeten sich entweder kleine, spontane Formationen oder es wurde im Einzelanflug zum Torpedoabwurf auf das kolossale Kriegsschiff geflogen. Kapitän Lindemann, der sich dem Ernst der Lage bewusst wurde, befahl jedem Geschütz der Bismarck das Feuer auf die Doppeldecker des 818. NAS zu eröffnen. Nun feuerten, neben den Fliegerabwehrkanonen, auch die acht 38-cm Hauptkanonen des Schlachtschiffs unter Begleitung der 15-cm und 10,5-cm Sekundärbewaffnung auf die angreifenden Flugzeuge.

Die Leuchtspurgeschosse zeichneten Linien, die sich vom gewaltigen Schlachtschiff in alle Richtungen verteilten. Die Hauptbewaffnung schrie mit einem gewaltigen Brüllen auf, als die Bismarck versuchte, die angreifenden Swordfish mit der Explosionswucht der 38-cm Granaten zu zerstören.

“Wir waren auf 50 Fuß Höhe in schrecklichem Wetter und flogen über massive und beeindruckende Wellen - ganz allein”, fährt Moffat fort. “Ich sank so weit ich konnte und richtete das Flugzeug für einen Angriff aus. Sie feuerten aus allen Rohren auf uns und die Granten kamen uns entgegen wie Regen. Ich beobachtete das Schiff und schätzte, dass es etwa 20 bis 30 Knoten Fahrt hatte. Ich wollte gerade den Torpedo ausklinken, als ich aus dem Nichts eine Stimme schreien hörte: ‘Noch nicht, Jock! Noch nicht!’”

Während Moffat damit beschäftigt war, die Swordfish gerade zu halten und sich auf den Angriff vorbereitete, hatte sein Beobachter, Sub Lieutenant John ‘Dusty’ Dawson-Miller,  seinen Harnisch gelöst und war aus dem Cockpit gestiegen. Kopfüber hatte er sich rechts am Flugzeug herab heruntergelassen, bis er unter den Rumpf der Swordfish blicken und damit den bestmöglichen Blick auf die Wellen nehmen konnte. Besorgt, der Torpedo würde als Blindgänger enden, würde er in eine schlagende Welle geworfen, schrie Dawson-Miller seine Anweisungen an Moffat.

“Ich schaute zu meiner Rechten - mein Beobachter lehnte aus dem Cockpit, mit dem Kopf unter dem Flugzeug und wartete auf den richtigen Moment zum Ausklinken des Torpedos. ‘Ok, raus damit!’ schrie er. Ich klinkte den Torpedo aus und war erleichtert, als Dusty bestätigte: ‘Jock! Der Torpedo läuft!’”

Moffat musste sich nun seiner nächsten Herausforderung stellen: Der Flucht von der Bismarck und dem Feuer ihrer Geschütze.

“Wir waren so nah, dass ich die Menschen auf dem Deck erkennen konnte. Das war verdammt unheimlich! Wir waren so nah, dass ich rutschend Wenden musste. Hätte ich den Flügel zu weit abgesenkt, wären wir im Wasser gelandet. Hätte ich den Bauch hochgezogen, hätten uns ihre Kanonen vom Himmel geholt. Das verdammte Ding hatte genug davon!”

Für die zwei Mann Besatzung der Swordfish war es unmöglich, neben dem ohrenbetäubenden Lärm des Motors und des Feuers der Verteidigungsbewaffnung der Bismarck noch etwas anderes zu hören. Sie hatten keine Ahnung, dass ihr Torpedo einer der beiden einzigen sein würde, der einen Treffer landen würde. Moffats Torpedo schlug in das Ruder der Bismarck ein, so dass es in einem Winkel um 12° nach links verklemmte, der im Zuge des Ausweichmanövers eingeschlagen worden war.

“Sie sagen heute noch, dass ich es war und das mein Torpedo der Bismarck in den Hintern getreten hat!”, sagt Moffat, obwohl es damals einige Zeit dauerte, bevor ihm diese Nachricht übermittelt wurde. “Während des Angriffs habe ich nie einen anderen Swordfish gesehen”, resümiert Moffat seine Erinnerungen an dieses historische Ereignis. “Ich flog so schnell und tief wie ich konnte von der Bismark weg. Ich fragte Dusty nach der Richtung für den Flug nach Hause. ‘Könnte schwierig werden!‘, schrie er zurück!” Denn verständlicherweise hatte Dawson-Miller die Aufzeichnung des genauen Flugpfads während des Angriffs vernachlässigt und war sich über die gegenwärtige Position unschlüssig. ‘Wir haben eine Möglichkeit!’ sagte er Moffat. ‘Versuche, eine schwangere Swordfish zu finden!’

Fünf der Swordfish des 818. NAS waren ‘schwanger’ - also mit einem Luft-Boden-Radar in der Flugzeugnase ausgestattet. Diesen Flugzeugen war es wenigstens möglich, trotz der Wolkendecke zurück zur Ark Royal zu finden.

“Wir haben tatsächlich eine gefunden und folgten ihr nach Hause. Die nächste Aufgabe war dann an Bord zu kommen - denn das Ding ging auf und ab wie ein verfluchtes Jojo! Alle fünfzehn Swordfish schafften es, sicher zu landen. Unser erster Halt war die Bar und anfangs hörten wir auch nichts über den Angriff oder mögliche Treffer.”

Von den zwei Treffern, die das 818. NAS an diesem Abend gegen die Bismark landete, war es der Torpedo von Moffats Mannschaft, die das Schicksal des berühmten deutschen Kriegsschiffs besiegelte. Unfähig, die Schäden am Ruder zu reparieren und mit den Steuerräumen voller Wasser bedingt durch ein Loch in der Hülle hatte die Bismarck die Fähigkeit zur Kursänderung verloren. In der Nacht griffen Zerstörer ohne große Wirkung das Schiff an, bis am morgen des 27. Mai die Schlachtschiffe King George V und Rodney die Bismarck angriffen. Nach 90 Minuten intensiven Feuergefechts und Torpedotreffern von zwei Kreuzern wurde an Bord der Bismarck schließlich der Befehl zum Aufgeben des Schiffes gegeben. Nur 115 Menschen aus einer über 2000 Mann umfassenden Mannschaft überlebten den Untergang.

Das Wrack der Bismarck wurde 1989 entdeckt und mehrere Expeditionen und anschließende Analysen legen nahe, dass die Bismarck von der eigenen Mannschaft zum Untergang gebracht wurde, damit sie nicht in Feindeshand fallen konnte. Ungeachtet dieser Tatsache war es dennoch ein großer Sieg für die Royal Navy, an dem viele Männer Anteil hatten und zu dem Moffats Mannschaft einen wichtigen Beitrag leistete. Moffat veröffentlichte in späteren Jahren eine Autobiographie, in der er seine Beobachtungen während des Angriffs auf die Bismarck niederschrieb. “Das Buch nannte ich ‘We Sank The Bismarck’, um den Mühen aller Beteiligten beim Angriff auf die Bismarck gerecht zu werden.”, erklärt Moffat. “Die Verleger änderten den Titel in letzter Minute vor der Veröffentlichung, ohne mich darüber zu informieren. Sie glaubten wohl, man könnte mit ‘I Sank The Bismarck’ mehr Geld verdienen.”

Wer jedoch mit Moffat persönlich spricht, erkennt sofort, dass eine solch ungeheuerliche Behauptung nie von einem so bescheidenen Mann aufgestellt werden würde. Seine Erinnerungen sind voll von Lob und Anerkennung der Fähigkeiten und Tapferkeit seiner Kollegen. Sein abschließender Tribut gilt allerdings einem ganz speziellen Kameraden, der Swordfish selbst:

“Ich kenne kein Flugzeug, dass an diesem Tag das gleiche hätten tun können, wie sie."

Hier zur Linken vorgestellt ist das Abzeichen des Jez Ortiz’s 825 Navail Air Squadron. Das 825. NAS, unter dem Kommando von Lt. Cdr. Eugene Esmonde, führte einen Tag vor den Erfolgen von Jock Moffat des 818. NAS einen Angriff auf die Bismarck aus. Esmonde wurde später posthum mit dem Viktoriakreuz für seine Taten in Operation Fuller im Februar 1942 ausgezeichnet. Das Abzeichen wird mit einem kommenden Update verfügbar werden.

 


Über den Autor

Mark Barber, historischer Berater bei War Thunder
Mark Barber ist Pilot bei den Luftwaffenverbänden der Royal Navy des Vereinigten Königreichs. Sein erstes Buch wurde von Osprey Publishing 2008 verlegt. In der Zwischenzeit hat er einige weitere Tite für Osprey geschrieben und auch Artikel in verschiedenen Magazinen, z.B. im Luftfahrtmagazin "Flypast", veröffentlicht.  Sein Hauptinteresse gilt der britischen Marinefliegerei im Ersten und Zweiten Weltkrieg und der Geschichte des RAF Fighter Command im Zweiten Weltkrieg. Für Gaijin Entertainment ist er als historischer Berater tätig und darüber hinaus in den historischen Bereichen des War Thunder Forums aktiv. Regelmäßig schreibt er die Artikel zum "Ass des Monats".

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