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Ugly Ducklings – Der Vought OS2U Kingfisher
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Jagdflugzeuge wie die Spitfire, Bf 109 und A6M Zero sind als unsterbliche Verteter ihrer Art in die Annalen der Luftfahrtgeschichte eingegangen. Gleiches gilt für Bomber wie die B-17, Lancaster und Junkers Ju 88, die ebenfalls als bahnbrechende Entwicklungen und ausgezeichnete Rollenvertreter gelten. Doch was ist mit jenen Modellen, die nicht unter die Besten fallen? Jene, von denen man ohne gestiegenes Interesse an der Luftfahrt wahrscheinlich nie gehört hat, da sie nur weniger glanzvolle (aber gleichsam gefährliche!) Aufgaben abseits des Rampenlichts der schöneren und aufregenderen Flugzeuge ausgeführt haben. In War Thunders neuer Serie ‘Ugly Ducklings’ werden wir uns einige dieser Flugzeuge anschauen, deren Entwurf häufig schwerfällig war, deren Produktionszahlen nur gering waren oder die Aufgaben erfüllen mussten, die außerhalb der Kreise professioneller Luftfahrer nur schwer verständlich sind.

Wir beginnen mit einem Flugzeug, dass weder die glanzvolle Erscheinung einer Corsair, noch die Kriegswürden der Dauntless erreicht hat. Aber für hunderte Besatzungsmitglieder abgeschossener US-Marineflugzeuge, unzählige Seemänner der Handelsmarine, die die Lebensadern der alliierten Kriegsbemühungen bildeten und tausende von US-Marines, die auf ihrem Vorstoß ins Landesinnere von präzisem Küstenbeschuss abhängig waren, war ein Flugzeug ein mehr als willkommener Anblick: der Kingfisher.

Entworfen als Ersatz für den Doppeldecker Vought O3U Corsair, war der OS2U Kingfisher der erste Aufklärungseindecker der US-Marine, der per Katapultstart von Großkampfschiffen aus eingesetzt werden konnte. Die konventionellere, landgestützte Variante verfügte alternativ über normale Laufräder, die dann die beiden Schwimmer ersetzten. Das Modell wurde 1940 in Dienst gestellt und das erste Flugzeug dieser Art wurde an das 32.600 Tonnen schwere Kriegsschiff USS Colorado geliefert. Angetrieben von einem 450 PS starken Sternmotor war der Kingfisher in der Lage, bei einer Einsatzreichweite von etwa 1.300 km Geschwindigkeiten von über 260 km/h auf einer Höhe von bis zu 4000 Metern zu erreichen. In den folgenden zwei Jahren wurden in den Fabriken von Vought-Sikorsky über 1.500 Kingfisher in unterschiedlichen Varianten gefertigt. Was war also nun seine genaue Aufgabe? Der Kingfisher wurde für eine Vielzahl wichtiger Rollen eingesetzt:

Die Reichweite der Augen und Ohren einer Flotte von Kriegsschiffen ist bestenfalls begrenzt, besonders wenn seegestützte Radaranlagen eine Seltenheit sind und jene, die sich um 1940 auf Schiffen befanden, nur über primitive Leistung verfügen. Aufklärungsflugzeuge waren daher zu jener Zeit unerlässlich. Dank des Kingfishers konnten Schlachtschiffe auch ohne die Unterstützung eines Flugzeugträgers ein Aufklärungsflugzeug aussenden, um die umliegende See über hunderte von Meilen und mehrere Stunden aufzuklären. Je nach Bedrohungslage, konnte der Kingfisher nach einer Vielzahl von Feinden Ausschau halten, angefangen bei einer großen Flotte über ein vereinzeltes Kriegsschiff bis hin zu einem einzelnen U-Boot. Gerade bei letzteren zeigte der Kingfisher seine Zähne, da er selbst mit seiner begrenzten Bombenzuladung bei der Vesekung der U-Boote U-576 und U-176 effektiv assistieren konnte.

Allein das Aufspühren einer feindlichen Flotte war für die Kommandeure auf der Brücke eines Kriegsschiffes eine gewaltige Hilfe, doch der Kingfisher konnte noch mehr. Sobald eine feindliche Flotte identifiziert war, kam es nahezu unausweichlich zu einem Feuergefecht, denn selbst um 1940 konnten Schiffsgeschütze Geschosse weit über 30 Kilometer befördern. Der Kingfisher, unter dem ständigen Beschuss der feindlichen Flugabwehr, assistierte die eigenen Kriegsschiffe bei der Zielfindung, indem er in Echtzeit Bericht über die Trefferwirkung der eigenen Geschosse liefern und damit die massive Feuerkraft der Schiffe lenken konnte. Die Bedeutung der Feuerleitung endete aber nicht beim Kampf zweier Kriegsflotten, sondern war bei amphibischen Landeoperationen, die massiv von akkuratem Küstenbeschuss profitierten, nicht minder wichtig. Als sich die US-Marines am pazifischen Kriegsschauplatz von ihren Brückenköpfen an den Inseln ins Landesinnere bewegten, konnte die gewaltige Feuerkraft der Schiffsgeschütze zur Bekämpfung von Ansammlungen und Verteidigungsstellungen der feindlichen Truppen eingesetzt werden. Auch hier zeigte der Kingfisher seinen Wert, da er sicherstellte, dass der Beschuss sein Ziel auch erreichte.

In seiner Rolle als Such- und Rettungsflugzeug ist der Kingfisher vielen Menschen in besonderer Errinnerung geblieben. Denn selbst zu Friedenszeiten war (und ist) Fliegen ein gefährliches Unterfangen. Doch in Zeiten des Krieges, selbst wenn man Feindwirkung außen vor lässt, steigen die Unfallzahlen in der Luftfahrt merkbar an, da der steigende Druck und der Einsatz in unfreundlichen Umgebungen menschliche Fehler herausfordert. Nicht vielen Menschen ist bewusst, wie viele Flugzeuge im Zweiten Weltkrieg aufgrund schlechter Wetterverhältnisse, mechanischem Versagen oder menschlichem Fehler verloren gingen, noch bevor der Feind einen einzelnen Schuss abgegeben hatte.

Ungeachtet der Absturzursache, ob durch schlechtes Wetter oder Feindbeschuss, war der Kingfisher ein mächtiges Werkzeug mutiger Luftfahrer, die ihr Leben riskierten um das ihrer Kameraden zu retten. So z.B. im November 1942, als Eddie Rickenbacker, Pilotenass des Ersten Weltkriegs, gemeinsam mit seiner Mannschaft seine B-17 über dem Pazifik aufgab und für Tage in Rettungsfloßen aushalten musste. Ein Kingfisher fand die Männer schließlich und konnte fünf Mann der achtköpfigen Besatzung in Sicherheit bringen. Am nächsten Tag kehrte der Kingfisher zurück, um nun auch Rickenbacker und die anderen beiden Besatzungsmitglieder zu retten. Durch die zusätzliche Last war es dem Kingfisher nicht möglich abzuheben, also fuhr er für über 60 Meilen über die Wasseroberfläche, bis schließlich Festland erreicht wurde. Im April 1944 war es einem Kingfisher ferner möglich, zehn abgeschossene US-Luftfahrer aus der Truk-Lagune zum U-Boot USS Tang zu bringen.

Der Kingfisher war zudem ein erfolgreiches Exportprodukt, von dem etwa 100 allein von der britischen Royal Navy genutzt wurden und weitere an Länder wie Australien, die Niederlande, Mexico, Chile, Argentinien, Uruguay und die Dominikanische Republik geliefert wurden.

In War Thunder kann der Kingfisher gegenwärtig nur in einer eher unbedeutenden Rolle eingesetzt werden, wenn man es mit seinen Aufgaben vor siebzig Jahren vergleicht. Das Flugzeug wird gerne übersehen, da es gegen z.B. gegen die Bf 109 oder A6M Zero keine Chance hat. Doch das war auch nicht seine Aufgabe. Eine Bf 109 konnte nicht von einem Kreuzer starten, eine Konvoiroute für mehrere Stunden patrouillieren, U-Boote mit Seebomben angreifen, die Feuerleitung gegen feindliche Kriegsschiffe oder Verteidigungsstellungen im Pazifik übernehmen oder abgestürzte Soldaten an der Wasseroberfläche aufsammeln. Das nächste Mal, wenn du dir deinen Kingfisher im Hauptmenü von War Thunder anschaust, dann denke an die tapferen Männer, die auf diesem Flugzeug alles riskiert haben um ihren abgestürzten Kameraden zu helfen und sich mutig dem feindlichen Beschuss aussetzten, ohne dass sie dabei von einer Staffel moderner Jäger unterstützt wurden.


Über den Autor

     

Mark Barber, historischer Berater bei War Thunder

Mark Barber ist Pilot bei den Luftwaffenverbänden der Royal Navy des Vereinigten Königreichs. Sein erstes Buch wurde von Osprey Publishing 2008 verlegt. In der Zwischenzeit hat er einige weitere Tite für Osprey geschrieben und auch Artikel in verschiedenen Magazinen, z.B. im Luftfahrtmagazin "Flypast", veröffentlicht. Sein Hauptinteresse gilt der britischen Marinefliegerei im Ersten und Zweiten Weltkrieg und der Geschichte des RAF Fighter Command im Zweiten Weltkrieg. Für Gaijin Entertainment ist er als historischer Berater tätig und darüber hinaus in den historischen Bereichen des War Thunder Forums aktiv. Regelmäßig schreibt er die Artikel zum "Ass des Monats".


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